Oberalp - unterwegs zwischen Uri und Graubünden

Göschenen-Andermatt-Nätschen-Oberalppass-Sedrun-Disentis/Muster

Diese interessante Bahnreise nimmt ihren Anfang im Eisenbahndorf Göschenen. Von dort kämpft sich die MGB Komposition die sagenumworbene Schöllenenschlucht hinauf nach Andermatt. Hier wartet ein weiterer Zug, welcher einem in Richtung Oberalp bringt. Die Eisenbahnlinie schlängelt sich zum Nätschen hoch und führt anschliessend am Oberalpsee entlang zur Passhöhe. Hier wird der Kanton Uri verlassen und es geht ins Bündnerland. Über Sedrun geht die Reise weiter die Surselva hinunter, bis die Fahrt nach gut einer Stunde im Klosterdorf Disentis/Mustér endet.

Ein MGB Zug wartet in Göschenen auf die Abfahrt
Ein MGB Zug wartet in Göschenen auf die Abfahrt

142, Göschenen-Andermatt 

Ausgangspunkt dieser sehenswerten Eisenbahnlinie ist Göschenen. Kein anderes Dorf im Kanton Uri hat sich in den letzten 150 Jahren so grundlegend verändert. Bis ins 19. Jahrhundert war Göschenen ein armes Bergdorf. Erst der Bau und Betrieb der Gotthardbahn brachte der Ortschaft den wirtschaftlichen Aufschwung. Heute leben noch knapp 500 Menschen am Fusse des Gotthards. Zwei Mal in der Stunde kämpft sich eine Zugskomposition der MGB die Schöllenenschlucht nach Andermatt hoch.

Die MGB Komposition bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Göschenen
Die MGB Komposition bei der Ausfahrt aus dem Bahnhof Göschenen

Die Züge nehmen in Göschenen sowohl den Anschluss von Erstfeld / Bellinzona-Airolo (631) her ab sowie jener der Auto AG Uri Linie 401. Auch wenn die Verbindungsstrecke zwischen der Gotthardbahn und des MGB-Streckennetzes nur wenige Kilometer lang ist, haben es diese in sich. Schon kurz nach der Bahnhofsausfahrt wird das Zahnrad eingehängt. Der Zahnstangen-Abschnitt verläuft nun mit einer maximalen Steigung von 179 Promille in Richtung Andermatt hoch. Dabei wird die sagenumworbene Schöllenenschlucht mit der tobenden Reuss durchfahren.

Ein Regiozug passiert die legendäre Teufelsbrücke auf dem Weg nach Andermatt
Ein Regiozug passiert die legendäre Teufelsbrücke auf dem Weg nach Andermatt

Zu Säumerzeiten galt sie als unüberwindbares Hindernis auf dem Weg nach Süden. Heute kann sie sowohl auf der Strasse wie auch auf den Schienen bequem passiert werden. Insgesamt zehn Tunnels und Galerien schützen das Eisenbahntrasse vor Steinschlägen und Lawinen und stellen so den ganzjährigen Betrieb sicher. Nun kämpft sich die Zugskomposition hinauf zur mystischen "Tiifelsbreggä", wie sie auf Urnerdeutsch so schön heisst. Der Sage nach gelang es der Urner Bevölkerung einfach nicht eine Brücke über die wilde Reuss zu bauen und so baten sie den Teufel um Hilfe. 

Andermatt ist erreicht
Andermatt ist erreicht

Dieser errichtete in nur einer Nacht die Brücke und verlangte als Gegenleistung die Seele von jenem, welcher als erster den Übergang nutzte. Die Urner waren schlau und schickten einen Schafsbock voraus, worauf sich der Teufel zornig aus dem Staub machte. Heute erinnert ein gemaltes Bild eines roten Teufel an diese schaurig schöne Sage. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Hauptort des Urserentals. Schon seit über 100 Jahren fährt die ehemalige Schöllenenbahn (SchB), welche heute zur MGB gehört, im Bahnhof von Andermatt ein. 

 

 

Auf Gleis 2 steht ein neuer Orion Triebzug ABeh 8/12 zur Abfahrt nach Disentis bereit
Auf Gleis 2 steht ein neuer Orion Triebzug ABeh 8/12 zur Abfahrt nach Disentis bereit

920, Andermatt-Oberalp-Sedrun-Disentis/Muster

Andermatt bildet neben Brig und Visp ein wichtiger Knotenpunkt auf dem Streckennetz der Matterhorn Gotthard Bahn. Neben der Stichstrecke nach Göschenen treffen hier die Eisenbahnlinien vom Oberwallis und dem Oberalp aufeinander. Daneben ist der Hauptort des Urserentals im Sommer auch Ausgangspunkt von mehreren interessanten PostAuto Linien über die Zentralpässe (12.681, 31.162, 62.110). Stündlich nimmt eine Zugskomposition die rund 30 Kilometer lange Strecke nach Disentis/Mustér in Angriff.

Gleich nach der Bahnhofsausfahrt wird das Zahnrad eingehängt
Gleich nach der Bahnhofsausfahrt wird das Zahnrad eingehängt

Seit dem Winter 2023 werden sämtliche Züge über den Oberalppass mit neuen Orion Kompositionen geführt. Die Triebzüge haben gegenüber den Lokbespannten Zügen den Vorteil, dass in Andermatt und Disentis auf die Rangierfahrt verzichtet werden kann. Kurz nach der Bahnhofsausfahrt wird das Zahnrad eingehängt. Nur dank diesem ist es dem Zug überhaupt möglich, die 400 Höhenmeter hinauf zum Nätschen überwinden zu können. Dass heute Bahngleise über den Oberalppass führen, ist jedoch nicht selbstverständlich. 1911 wurde mit dem Bau der Eisenbahnstrecke 

Der rote Zug kämpft sich zum Nätschen hoch
Der rote Zug kämpft sich zum Nätschen hoch

von Brig über den Furka nach Andermatt und dann weiter bis nach Disentis begonnen. Das Geld dafür stammte mehrheitlich von französischen Investoren. Als dann jedoch der 1.Weltkrieg ausbrach, floss das Kapitel nicht mehr und die Arbeiten wurden auf Eis gelegt. Erst 1925 wurde die Furka-Oberalp-Bahn gegründet, welche von den Kantonen und den Nachbarbahnen getragen wurde. Dank einem Darlehen von Eidgenossenschaft konnte schliesslich die Eisenbahnlinie vollendet und 1926 feierlich eröffnet werden. Nun aber zurück zur Reise. Die Eisenbahn windet sich mit mehreren Kehren, 

Der Bahnhof Nätschen ist erreicht
Der Bahnhof Nätschen ist erreicht

welche meist in einem Tunnel verlaufen, hinauf in Richtung Nätschen. Fast parallel dazu kämpft sich auch die Oberalppassstrasse hinauf. Diese ist jedoch, anders als die Bahnstrecke, während den Wintermonaten geschlossen und dient dann als Skipiste. So kämpft sich der Zug in nur neun Minuten die 400 Höhenmeter hinauf und fährt am Bahnhof Nätschen ein. Der sonnige Berghang ist ein beliebtes Wander- und Skigebiet und ist neben Bahn und Strasse auch mit einer neuen 8er Gondelbahn ab Andermatt erschlossen. Nach einem kurzen Aufenthalt geht die Reise weiter in Richtung Oberalp.

Der MGB Zug schlängelt sich durch die malerische Herbstlandschaft
Der MGB Zug schlängelt sich durch die malerische Herbstlandschaft

Die Gleise führen nun eben in den Talkessel hinein. Die umliegenden Berge haben hier eine Höhe von bis zu 3`000 Metern. Während im Sommer eine herrlich grüne und mit vielen Alpenblumen übersäte Landschaft am Fenster vorbei zieht, türmen sich im Winter die Schneemassen zum Teil meterhoch. Nach einem intensiven Schneefall hat die Schneeräum-Crew vom Oberalp alle Hände voll zu tun bis die Strecke von der weissen Pracht befreit ist. An Tagen mit solch einer extremer Witterung oder bei sehr grosser Lawinengefahr muss jedoch der Betrieb zwischen Andermatt und Sedrun eingestellt werden. 

Eine Orion Doppelkomposition fährt auf dem Oberalp ein
Eine Orion Doppelkomposition fährt auf dem Oberalp ein

Doch in der Regel verkehren die Züge der Matterhorn Gotthardbahn das ganze Jahr über und stellen so die Verbindung zwischen Uri und Graubünden sicher. Seit dem Dezember 2018 ist es zudem auch möglich, mit den Ski von Andermatt nach Sedrun zu gelangen. Mehrere Sessellifte sowie die Gondelbahn auf den Schneehühnerstock  verbinden die Skigebiete Nätschen und Oberalp-Milez. Doch zurück zur Eisenbahnstrecke, diese führt nun am Oberalpsee entlang. Der letzte Abschnitt bis zum Oberalppass wird durch eine Galerie vor Lawinen geschützt. 

Der Oberalp bildet den höchsten Punkt des MGB Netzes
Der Oberalp bildet den höchsten Punkt des MGB Netzes

Dann fährt der Zug am 2`033 Meter hohen Bahnhof ein. Damit ist der höchste Punkt des 144 Kilometer langen Streckennetzes der Matterhorn Gotthard Bahn erreicht. Unweit des Oberalppasses liegt der Lai da Tuma (Tomasee) auf 2345 m., welcher als Quelle des Rheins gilt. Nachdem der Gegenzug abgewartet wurde, kann die Reise weitergehen. Durch einen kurzen Tunnel, womit die Passstrasse unterfahren wird, lässt die Zugskomposition das Urserental hinter sich und fährt in die Surselva ein. Doch bevor die Talfahrt in Angriff genommen wird, muss das Zahnrad wieder eingehängt werden. Anschliessend sucht sich das Bahntrasse seinen Weg am linken Berghang 

Ein Regio verlässt die Station Dieni
Ein Regio verlässt die Station Dieni

entlang in Richtung Tschamut-Selva. Auch auf dieser Seite des Passes werden die Gleise immer wieder mit Galerien wintersicher gemacht. Nachdem der kleine Bahnhof von Tschamut-Selva mit dem dazu gehörenden Golfplatz passiert wurde, führt die Reise weiter dem Vorderrhein entlang. Nach rund 40 Minuten erreicht der Zug den Bahnhof Dieni. Von hier führt eine 4er Sesselbahn hinauf aufs Milez und ermöglicht so den Einstieg in die Skiarena Andermatt-Sedrun von der Bündner Seite her. Die stündlichen Regio Züge werden im Winter auf dem Abschnitt Sedrun-Dieni durch Sportzüge ergänzt. 

Eine Glacier Express Komposition auf dem Weg nach Sedrun
Eine Glacier Express Komposition auf dem Weg nach Sedrun

Daneben verkehrt über den Oberalp auch der langsamste Schnellzug der Welt. Die Rede ist natürlich vom legendären Glacier Express. Seit 1930 verbindet der Panoramazug die beliebten Feriendestinationen Zermatt und St. Moritz miteinander. Über den kleinen Haltepunkt Rueras gelangt der Zug nach Sedrun. Der Hauptort der Gemeinde Tujetsch ist eine beliebte Feriendestination. Genau unter dem Gemeindegebiet führt der 2018 eröffnete Gotthard Basis Tunnel (GBT) durch. Ursprünglich sollte von Sedrun ein Lift 800 Meter in die Tiefe zum Tunnelbahnhof Porta Alpina führen.

Bei traumhaftem Wetter ist der Zug unterwegs in der Surselva
Bei traumhaftem Wetter ist der Zug unterwegs in der Surselva

Die Liftstollen, die einst Passagiere befördert hätten, wurden bereits für den Bau verwendet und auch die zukünftigen Wartehallen wurden ausgebrochen. Doch zu einer Realisierung kam es schliesslich nicht, da ein Halt nur sehr schwer in den Netzfahrplan eingebaut hätte werden können. Weiter könnten durch die anhaltenden Züge viel weniger Zugskompositionen den GBT passieren. So bleibt die Surselva nach wie vor nur über den Oberalp und von Chur her erreichbar. Nach einem kurzen Aufenthalt sucht sich der Zug weiter seinen Weg in Richtung Disentis/Mustér.

Unterwegs zwischen Segnas und Disentis
Unterwegs zwischen Segnas und Disentis

Das Eisenbahntrasse schlängelt sich mit einem stetigen Gefälle an der linken Talseite entlang zur Station Bugnei. Der Zug tuckert anschliessend weiter die Surselva hinab. Auf der Talfahrt wird man stetig vom Vorderrhein begleitet, welcher in Reichenau-Tamins zum Rhein wird und anschliessend bis in die Nordsee fliesst. Doch so weit führt diese Reise nicht, bis zum Klosterdorf Disentis sind es nur noch wenige Kilometer. Doch zuerst Hält der Zug, zumindest wenn es verlangt wird, an den kleinen Haltestellen,  welche die rätoromanischen Namen wie Mumpé Tujetsch, Segnas und Acla da Fontauna tragen. 

 

Bis zum Fahrplanwechsel 2023 wurde in Disentis noch stündlich rangiert. Mit den neuen Triebzüge ist dies (leider) nicht mehr nötig
Bis zum Fahrplanwechsel 2023 wurde in Disentis noch stündlich rangiert. Mit den neuen Triebzüge ist dies (leider) nicht mehr nötig

Nach einer Stunde und 10 Minuten Fahrzeit fährt die Zugskomposition am Bahnhof von Disentis/Mustér ein. Hier endet das Herrschaftsgebiet der Matterhorn Gotthard Bahn. Wer weiter die Surselva hinab in Richtung Chur fahren will, muss hier auf die Rhätische Bahn umsteigen (920). Im Sommer ist Disentis/Mustér auch Ausgangspunkt der PostAuto Linie 90.481, welche einem auf den Lukmanierpass bringt. Ansonsten lädt Disentis auch zum Verweilen ein. Sei dies beim Schlendern durch den Dorfkern oder bei einem Besuch des im 17. Jahrhundert erbauten Kloster Disentis. 

anschlusslinien:

AB DISENTIS/MUSTÉR

920, Disentis/Mustér-Ilanz-Reichenau-Chur

90.481, Disentis/Mustér-Fuorns-Lukmanier Passhöhe

 

 


Last Update: 20.11.2024
Zuletzt gereist: 14.09.2024